Juden in Dingden und Brünen
Wolfgang Jung vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis Wesel (Mitte) blättert mit den Autoren Hermann Ostendarp (links) und Günter Heiligenpahl in dem Buch. Foto: Stefan Pingel

BUCH ÜBER JUDEN: AUF SPURENSUCHE IN DINGDEN UND BRÜNEN

Das Buch „Juden in Wesel und am Niederrhein“ hat sich mittlerweile über die Weseler Stadtgrenzen hinaus bewegt. Jetzt gibt es darin auch Beiträge aus Dingden und Brünen.

Umfangreich ist das Buch „Juden in Wesel und am Niederrhein“ geworden. Legt man das Taschenbuch „Auf den Spuren der Juden in Wesel“ von Jutta Prieur daneben, dann ist der grüne Band im DIN-A4-Format wuchtig und gewichtig. Dabei bildet das schmale Buch, das Stadtarchivarin Prieur 1988 herausgegeben hat, die Grundlage für das Werk, das sich jetzt über die Weseler Grenzen hinaus bewegt. Auch die Schicksale Dingdener und Brüner Juden haben Eingang in die Arbeit gefunden.

Der 50. Jahrestag der Pogromnacht war Anlass für das Erscheinen des ersten Bandes. Noch immer wird es nachgefragt, ist aber inzwischen vergriffen, erklärt Wolfgang Jung vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis Wesel. Man dachte über eine Neuauflage nach, verwarf dies aber wieder. Stattdessen entschied sich der Freundeskreis für eine neue Ausgabe, die zum einen die aktuellen Forschungsergebnisse berücksichtigen, zum anderen auch jüdische Schicksale am Niederrhein erfassen sollte.

Freundeskreis konnte namhafte Wissenschaftler und Archivare für dieses Projekt gewinnen. Besonders stolz aber ist Jung auf die Arbeit der Heimatforscher. Sie sind es, die mit Liebe und Herzblut zu den jüdischen Familien forschen. Einen Eindruck davon bekam der Freundeskreis, als Ulrich Bauhaus und Hermann Ostendarp vom Heimatverein Dingden über ihre Reise nach Theresienstadt, Auschwitz und Blechhammer berichteten. Im April 2013 hatten sich die beiden auf Spurensuche nach Leopold Humberg begeben. Ein Vortrag, der großen Eindruck hinterließ, wie Jung bestätigt.

Natürlich sollten Bauhaus und Ostendarp auch einen Beitrag zu dem Buch leisten. „Was sollen wir schrieben?“, fragten sie Jung. „Alles, was sie mir erzählt haben“, antwortete er ihnen. Und so berichten sie jetzt auf 24 Seiten über die „Geschichte des Humberghauses und seiner jüdischen Bewohner“. Den Forschungsstand bis 2013 haben sie in dem Band festgehalten.

Etwas unbekannter sind in Dingden dafür die Erkenntnisse von Günter Heiligenpahl über die „Juden in Brünen“. Dabei forscht der 71-Jährige schon seit 1979 über die Familien Wertheim und Elkan. Die Situation in Brünen war ganz anders. In Dingden bekommen sie viel Interesse und Rückhalt bei ihren Forschungen, berichten Bauhaus und Ostendarp. In Brünen wurde Heiligenpahl dagegen angefeindet. „Selbst meine Mutter hat geschimpft“, sagt er.

Auch die jüdischen Familien in Brünen waren in der NS-Zeit von starken Anfeindungen betroffen. Heiligenpahl berichtet über den Fall von David Wertheim. Als alter, behinderter Mann wurde er am 19. April 1934 an einem Kuhtau durchs Dorf gezogen und der Rassenschande bezichtigt. Es waren auch Brüner und Ringenberger Nazis, die am 10. November 1938 nach Dingden kamen, um dort die Pogromnacht „nachzuholen“.

Für Heiligenpahl ist der Beitrag in dem Buch ein Abschluss. „Ich habe ausgeforscht“, sagt er, jedenfalls zum Thema „Juden in Brünen“. Alle Dokumente überlässt er dem Dingdener Heimatverein und weiß sie dort in guten Händen. Er selbst denkt über neue Themen nach, zum Beispiel die Brüner Kirchengeschichte. Aber das ist ein anderes Buch.

Das Buch „Juden in Wesel und am Niederrhein. Eine Spurensuche“ ist für 27,95 Euro im Humberghaus erhältlich (Sonntag 14 bis 18 Uhr) sowie bei Büro Messing auf der Neustraße in Dingden. Herausgegeben wurde es vom Jüdisch-Christlichen Freundeskreis Wesel. 22 Beiträge beleuchten auf knapp 400 Seiten und mit vielen Illustrationen nicht nur die Geschichte der Juden in Wesel, sondern auch in Dingden, Brünen, Rees und Emmerich.

Autor: Stefan Pingel